Demokratie und politische Partizipation
Mangels Wahlrecht haben Ausländer(innen) keine volle politische Teilhabe. Lediglich EU-Bürger(innen) können an Kommunal- und Europaparlamentswahlen teilnehmen. Aber auch viele Wahlberechtigte verzichten auf politische Partizipation, sie wenden sich aus Enttäuschung oder Desinteresse von der Politik ab oder wählen rechtspopulistische Parteien. Jungwähler(innen), unter denen der Anteil mit Migrationshintergrund besonders hoch ist, zeigen die niedrigste Wahlbeteiligung und das geringste politische Interesse.
Etwa die Hälfte der Menschen mit Migrationshintergrund besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie sind jedoch in gemeinnützigen Organisationen, in Parteien und bei Wahlen unterrepräsentiert. So zeigen empirische Studien eine soziale Spaltung auf, bei der die Wahlbeteiligung der sozialen Oberschicht um bis zu 40 Prozentpunkte über der von sozial schwächeren Milieus liegt. Die Wahlergebnisse sind somit sozial nicht repräsentativ. Doch Heimat lässt sich nur gemeinsam gestalten. Die Gesellschaft und insbesondere das Leben im persönlichen Umfeld politisch mitzugestalten bietet wichtiges Integrationspotenzial für Jüngere, für sozial Benachteiligte und für Menschen mit Migrationshintergrund.
- Die Wahlbeteiligung sozial benachteiligter Menschen und von wahlberechtigten Menschen mit Migrationshintergrund sollte durch ein breites Maßnahmenbündel gestärkt werden.
- Eine aufsuchende wohnortbezogene, persönliche Ansprache von (potenziellen) Nichtwähler(inne)n kann dazu beitragen, die politische Bildung und in der Folge die Wahlbeteiligung zu erhöhen.
- Da politisches Interesse besonders durch das Lebensumfeld geprägt wird, ist es wichtig, die politische Bildung im Schulalltag, im sozialräumlichen und im beruflichen Umfeld sowie in anderen Settings potenzieller Nichtwähler(innen) zu stärken.
- Die Möglichkeiten der Einbürgerung sollten genutzt und weiter ausgebaut werden. Sie darf jedoch nicht der einzige Weg zu politischer Partizipation sein. Ausländer(innen), die seit fünf Jahren mit einer Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis in Deutschland leben, sollten das kommunale Wahlrecht erhalten.
Bekämpfung von Alltagsrassismus
Rassismus liegt vor, wenn Menschen, die einer anderen Gruppe zugeordnet werden, ein geringerer Wert zugeschrieben wird. Dies muss nicht an ethnischer Abstammung festgemacht werden, sondern kann beispielsweise auch auf Religionszugehörigkeit, Herkunft oder einzelne äußere Merkmale bezogen sein. Jede Ausgrenzung und Diskriminierung entlang solcher Bewertungen ist rassistisch.
Struktureller Rassismus entsteht durch diskriminierende Strukturen in Institutionen, wenn beispielsweise der Zugang zu Bildung erschwert wird. Von Alltagsrassismus wird gesprochen, wenn Diskriminierung oder ein ausgrenzender Umgang in alltäglichen Situationen auftritt, etwa bei der Arbeits- oder Wohnungssuche und beim Behördenkontakt. Alltäglicher Rassismus versperrt Lebens- und Bildungswege, verhindert Chancengleichheit und vermittelt Menschen, dass andere der Meinung sind, sie gehörten nicht dazu.
- Die Caritas steht für eine offene Gesellschaft, in der Menschen unterschiedlicher Herkunft auf Basis unserer Verfassung ihre Vorstellungen von gelingendem Leben verwirklichen können und einander mit Respekt begegnen. Abwertende Einstellungen und Äußerungen gegenüber anderen Menschen sind mit dem biblischen Menschenbild unvereinbar. Die Caritas lehnt jede Form von Diskriminierung ab. Sie setzt sich dafür ein, dass Politik und Öffentlichkeit Menschen mit Migrationshintergrund als gleichwertig betrachten, ohne Unterscheidung nach Migrationsstatus und der Aufenthaltsdauer.
- Alltagsrassismus kann nur verhindert werden, wenn jede(r) Einzelne die eigenen Einstellungen, Handlungen und Äußerungen immer wieder selbstkritisch reflektiert. Für Angehörige des öffentlichen Dienstes müssen entsprechende Kompetenzen Teil des Ausbildungsprofils werden. Angebote der Sensibilisierung müssen bereits in Kitas und Schulen stattfinden. Ganz entscheidend sind Angebote in der Jugendarbeit, die das Demokratieverständnis unterstützen und Wertschätzung für Pluralität vermitteln. Hierfür bedarf es langfristiger Finanzierung.
- Die Caritas will dazu beitragen, jeder Form von Rassismus auf politischer, rechtlicher und sozialer Ebene entgegenzuwirken. Sie will Menschen stärken, die von Rassismus und Diskriminierung betroffen sind – durch Empowerment und die Zusammenarbeit mit Expert(inn)en und Selbstorganisationen Betroffener.
- Auch bei Mitarbeitenden der Caritas gibt es Ängste und Vorbehalte. Die Caritas fördert ein positives Verständnis für Vielfalt auch in den eigenen Reihen.
Prävention von Rechtsextremismus/Rechtspopulismus
Rechtsextremismus ist ein internationales, vielschichtiges Phänomen und in fast allen Demokratien verbreitet. Im Zentrum steht eine oft drastische Abwertung anderer, die zu Gruppen wie beispielsweise Ethnien, Nationen, Religionsgemeinschaften zugeordnet werden. Rechtsextremismus hat sich in Bezug auf die Gruppen, gegen die er sich richtet, und auf die negativen Zuschreibungen als sehr wandelbar erwiesen. Konstant ist jedoch die Nichtanerkennung der Menschenrechte für diese Bevölkerungsgruppen.
Gesellschaftlich weniger tabuisiert als offen rechtsextreme Organisationsformen ist der Rechtspopulismus. Vor dem Hintergrund eines vermeintlich drohenden kollektiven Identitätsverlustes verändert er Elemente der rechtsextremen Ideologie in einen Grenzbereich des gesellschaftlich Anerkannten und ist dabei bemüht, die Grenze dessen, was noch als politikfähig gilt, in Richtung rechtsextremer Positionen zu verschieben.
Der DCV sieht das Erstarken rechtspopulistischer Gruppen und Parteien mit großer Sorge und wendet sich entschieden gegen die damit einhergehende Diskriminierung und Ausgrenzung von gesellschaftlichen Gruppen. Bekannt ist, dass offener Rechtsextremismus, insbesondere die Bereitschaft zu Gewalttaten, steigt, wenn die Täter(innen) den Eindruck haben, mit ihrer Vorstellung vom unterschiedlichen Wert der Menschen eine Mehrheitsmeinung zu vertreten, indem rassistische Vorstellungen und Handlungen unwidersprochen bleiben.
Der DCV sieht folgende Lösungsansätze:
- Bereits in der Kindheit werden die Grundlagen der späteren sozialen und politischen Orientierung geschaffen. Menschen, die autoritär erzogen und deren emotionale Bedürfnisse missachtet werden, tendieren stark zur Befürwortung rechtsextremer Positionen. Ein offenes und an demokratischen Werten orientiertes Erziehungsklima hingegen befördert die Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls und die Erkenntnis des Werts anderer Menschen. Die Stärkung von Familien sowie wertschätzende Angebote in Kitas und Schulen können positiv wirken.
- Geringe Möglichkeiten zur Teilhabe können antidemokratische Positionen zur Folge haben. Dies betrifft auch Angehörige der Mittelschicht, die vom sozialen und ökonomischen Abstieg bedroht sind oder sich davon bedroht fühlen. Alle gesellschaftlichen Akteure sind aufgefordert, im Sinne von Extremismusprävention und -bekämpfung die langfristige politische Bildung und soziale Integration zu fördern.
Maria Antonia Estol13. Januar 2017 16:30
Der Caritasverband Darmstadt e.V. befindet sich seit dem Jahr 2014 im Prozess der Interkulturellen Öffnung. Ich freue mich über die Initiative und wünsche mir einen regen Austausch bzw. Unterstützung für den Entwicklungsprozess.Ulrich Eich20. Juli 2017 12:47
Wir arbeiten hier in Andalusien für die Caritas Freiburg (www.cjw.eu) und versuchen, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen genau die von Ihnen beschriebenen interkulturellen Kompetenzen zu vermitteln. Kontakt über Frau Welte, Caritas Germersheim. Mit sonnigen Grüssen Ulrich Eich, www.huertolazo.eu